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D R.  B E C K E R   R E I S E N
Schnelle Runde durch den Vercors im Juli 2021

Der Corona Virus läßt uns nicht los. Aber in bester Hoffnung hatten Martin und ich für den Sommer eine Woche Motorradtour geplant. Leider muß er kurzfristig krankheitsbedingt absagen. Ich hatte aber von einem Kollegen gehört, daß er auch nach Frankreich wollte, und wir konnten unsere Pläne vereinheitlichen. Zufällig fährt er auch eine Guzzi, eine 1100 Breva. Von einem gemeinsamen Wochenende letztes Jahr im Schwarzwald weiß ich, daß er auf sein altes Becker Navi schwört, es hat dort auch recht gut funktioniert. So geht es in der ersten Ferienwoche im Juli los trotz Bedenken, daß dies auch in der Hauptreisezeit der Franzosen liegt. Wir wollen über booking.com uns die Übernachtungen kurzfristig buchen.

10:00 Treffpunkt am Edeka ist hart, am Abend vorher war Weinausschank beim lokalen Winzer. Ich schaffe es, hatte ja alles am Tag vorher vorbereitet. Auf der Autobahn schiebt uns der Nordwind auf der schnellen Route über Kandel und die A35 an Straßbourg vorbei, bevor es bei Belfort schließlich auf die Landstraßen geht und das Navi zum Einsatz kommt. Das Ziel heute ist ein Hotel bei Mouthier-Haute-Pierre, daß Carsten letztes Jahr bei einer pauschal gebuchten Tour hatte. Weil wir mal mehr genießen wollten, wählen wir noch einen Schlenker über die Schweiz. Bei der Umprogrammier-Pause ziehe ich das Goretex Futter aus der Jacke, inzwischen ist es warm genug.
Waldstrecke
Das Dr. Becker wählt für uns eine Strecke durch den Wald. Vorher bin ich noch ganz erstaunt, daß es "grüne" Grenzübertritte im Nirgendwo in die Schweiz gibt ohne Schranke und Zoll. Aber dann wird aus der immer kleiner werdenden Strecke mit Split ein Forstweg mit Schotter, dem wir auch erst mal mutig folgen. Er geht über in einen Forstweg ohne Schotter. Die schweren Regenfälle, die zuhause bei Ahrweiler zu Überschwemmungen und Toten geführt haben, haben den Weg hier auch leicht aufgeweicht, und wir machen drei Kreuze, als wir schließlich wieder Asphalt unter den Rädern haben. Über eine weitere idyllische "Grenze" geht es bei Montvoie wieder zurück nach Frankreich und entlang der Grenze zu unserem Ziel, dem Hotel La Cascade. Aus den 450km direkte Strecke sind so 600km geworden, und ich bin entsprechend geschafft.

Das Hotel ist schön oberhalb der Loue gelegen, etwas in die Jahre gekommen. Essen wählen wir im Hotel, bekommen aber erst am Tisch gesagt, daß es nur komplettes Menu für 36€ gibt. Den Wein gibt es auch nur a la carte für 30€ aufwärts. Ich verzichte nach dem gestrigen Abend darauf und nehme heute mal mehr Wasser zu mir. Essen ist OK, aber etwas überteuert und Wasser in der Karaffe gibt es auch nicht. Wir lassen den Tag Revue passieren, und ich erinnere uns an eine Kuppe, wo die in Frankreich inzwischen häufig auftretenden Radarfallen in Form von Straßenlaternen (sehen aus wie Dementoren) warteten, und ich nicht sicher war, welches Tempo ich drauf hatte. Carsten wusste noch nicht, daß inzwischen in Frankreich landesweit 80km/h gilt.

Berge um GrenobleAbendstimmungDas Frühstück nehmen wir in der Epicerie nebenan, die am Sonntag offen hat. Wir haben als nächstes Ziel ein Privatzimmer in St. Joseph-de-Riviere im Chartreuse Massiv gebucht. Über kleine Straßen geht es durch den Nationalpark Jura nach St. Claude (man kommt wirklich immer wieder durch, wie auch 2019) und weiter über die leicht geschwungenen Landschaften der D31, bis wir in Petit Abergement eine nette Rast machen mit einem Croque Monsieur. In weitem Bogen fahren wir an Aix-les-Bains und Chambery vorbei und stoßen über die kleine D921/916 in das Chartreuse Massiv rein.

Gegen 18:00 und 370km halten wir vor dem Haus der 80-jährigen Monique, die uns herzlich mit zwei Leffe Bieren begrüßt. Ihr Lebensgefährte (nur unwesentlich jünger) zeigt uns gleich seine R1200RT Vollausstattung (wie schafft der Mann die noch zu rangieren...) und räumt die Garage frei. Nach Duschen und etwas hin und her fahren wir in den nächsten Ort und nehmen das einzige Café, daß noch etwas zu essen anbietet. Ich nehme das leckere Couscous und Carsten einen großen Burger. Den Abend beschließen wir noch auf der Terrasse mit ein paar Bier und Carsten programmiert das Navi für das morgige Ziel bei Les Reculas.

Der Vercors TagCol de la Machine
VercorsMonique bereitet uns ein leckeres einfaches Frühstück zu, das wir auf der Terrasse einnehmen können. Wir fahren erst einmal Richtung Voireppe, aber drehen dann wieder und irren trotz Navi ein wenig herum, weil Carsten eine Abkürzung sucht, was Dr. Becker anscheinend nicht will. Nach einer halben Stunde Irrfahrt fahren wir die abwechslungsreiche Strecke über St. Pierre-de-Chartreuse bis hinunter nach Grenoble und tasten uns an der Stadt vorbei (das war jedenfalls der Plan). Im Endeffekt fahren wir dank Navi dann doch durch die Stadt, bevor wir auf der anderen Seite über die D106 nach St. Nizier hoch ins Vercors fahren. Beim Tanken vorher entfernt Carsten noch mit Dampfstrahler alle störenden Spuren der Waldquerung vom ersten Tag.
Col de la Machine
In St. Martin essen wir sehr gut Mittag für 16€ im Schatten der Kirche, bevor es über die D518 zum Eingang des Combe Laval geht mit seiner Galerie am Rand des Berges. Dank schmalen Motorrädern können wir halten und die Tunnel der Galerie in Ruhe fotografieren. Wie auch bisher bin ich erstaunt, daß trotz Ferienzeit so wenig los ist. Es ist wenig Verkehr. Nach ein wenig Foto-Session geht es hoch zum Col de la Machine. Über Vassieux und den Col de Rousset und den Tunnel fahren wir in den weiten Schwüngen nach Die hinunter ins Tal. Hier ist die Temperatur dann wirklich mal knuffig warm, es sind über 30°, aber wir wollen uns garnicht lange aufhalten. Als wir allerdings nach Chatillon abbiegen sehen wir über den Bergen extrem dunkle Wolken aufziehen. Erst wollen wir uns wasserfest anziehen, aber als dann auch noch Gewittergrollen zu hören ist, legen wir eine Schaffenspause im Cafe du Art in Chatillon ein.

Als es draußen aufhört zu regnen, fahren wir weiter, nur um 5km nach dem Ort uns am Eingang des Gorges des Gats doch anziehen zu müssen. Durch die Schluchten begleitet uns der Regen, aber dahinter ist es wieder trocken und nach dem Col de Grimone ziehen wir die Regensachen wieder aus.
Lavendelfelder

Jetzt wollen wir nur noch schnell in die Gite, die D66 über Mens bringt uns zum Stausee von Sautet und zur Nationalstraße nach Corps. Hier bin ich schon oft einfach durch gefahren, aber von dieser Seite bin ich noch nie hier angekommen. Wir kaufen noch ein wenig Baguette, Wurst, Käse und Wein ein und fahren dann nach Les Reculas zu La Grande de Brudour, wo wir nach etwas Suchen auch die Gite finden. Es ist ein Wandererheim in einer Sackgasse, schön gelegen und von einem jungen Paar bewirtschaftet. Wir können im großen Garten ganz ohne Mücken unser leichtes Abendessen nehmen. Das haben wir uns nach 400km verdient.

Der Mont Ventoux TagMont Ventoux
Col St. JeanMorgens programmiert Carsten noch am Navi und kommt zum Schluß, daß die Ventoux Runde 500km sind. Wir fahren erst mal los und wollen mal sehen wie weit wir kommen. Über die D537, der D170 und an Veynes vorbei fahren wir auf der D542/942 an Apfelplantage vorbei. Es geht so zügig, die Straßen sind leer und schwingen sich Guzzi-freundlich durch die immer mehr provencehafte Landschaft, daß wir uns doch noch entschließen, dem Ventoux einen Besuch abzustatten. Vor Sault halten wir (wie alle) an den wahrscheinlich nur für Touristen so schön angelegten Levendelfeldern, die ich so noch nicht gesehen hatte, weil ich wahrscheinlich immer in der falschen Jahreszeit hier war. In Sault nehmen wir noch einen Sirop und einen Café, bevor es dann auch die super ausgebaute Strecke hoch auf den Ventoux geht. Oben hat sich seit meinem letzten Besuch viel verändert, große Parkplätze sind angelegt mit Besucherplatformen. Ist aber uns alles egal, einmal die Aussicht Richtung Mittelmeer genießen und dann über die von mir selten befahrene Nordrampe wieder hinunter ins Tal.

Trotz Programmieraufwand verpaßt Carsten die Abzweigung zum Gorges Toulourenc und ich kann ihn davon überzeugen, daß mir ein weiterer Gorge kein Zurückfahren wert ist, und ich einen Cafè in einem provencialischen Straßencafé unter einem Baum mit Zykaden vorziehe. Danach überqueren wir noch auf der kleinen anstrengenden D162 die nächste Bergkette und und über Remulzat und La Motte enden wir wieder auf der Strecke über Chattilon. Das Wetter ist uns dieses Mal wohl gesonnen, und wir entscheiden uns für die längere Alternativroute über den Col de Menée, Clelles und Mens nach Corps, wo nach 390km die Motoren ausgehen. Heute Abend haben wir das Programm Halbpension für 22€ gebucht und die Herbergslady zaubert uns eine erfrischende kalte Erbsensuppe und französisch katalanisches Fischgericht, daß alle Ansprüche voll befriedigt. Dazu gibt es eine herrlich fruchtig schmeckenden Rotwein, ebenfalls aus Katalonien.

Stausee Grand MaisonRückreisetag 1: Das Frühstück ist einfach, aber durch das Müsli auch mal etwas gehaltvoller. In La Mure tanken wir noch mal voll, dann biegen wir auf die D526 zum Col de Ornon abbiegen. Ein entspanntes Fahren belohnt uns erst entlang der Maisenne, dann geht es genauso weiter bis auf die 1367m Höhe des Passes. Der D folgen wir mit einem Links-Rechts Schlenker auf der D1091 weiter gen Norden , vorbei am Stausee Grand Maison hoch zum Paß. Carsten fährt noch eine Extrarunde über den Col de la Croix de Fer, ich nehme die Seniorenroute über den Col du Glandon bis hinunter ins Tal. Hier wollen wir uns beim ersten Café auf der D1006 treffen.

Schweizer PassDas zieht sich allerdings, sie ist als Umgehungsstraße ausgebaut und der erste Ort ist Aiguebelle, wobei das "belle" im Namen nicht mehr auf den Ort zutrifft. Im einzigen offenen Café trinke ich einen schlechten Cafè, und als Carsten eintrifft, fahren wir direkt weiter. In St. Pierre d'Albigny biegen wir auf die D911 ab, die ich auch schon von anderen Rückreisen kenne. Hier auf dieser Nebenstrecke stehen wenigstens nicht so viele Dementoren herum. Bei Rumilly sehen wir dieses Mal den Lac du Bourget von der anderen Seite, fahren an Frangy vorbei nach Bellegarde und entspannen uns ein paar Kilometer auf der Schnellstraße bis Gex.

Der Col de la Faucille treibt kurz mal den Blutdruck hoch, nicht wegen zum flotten Schwingen verführenden Streckenführung, aber weil hinter der Bergkuppe kontaktfreudige Uniformierte stehen. Aber zum Glück sind es nur Zöllner, die sich einen Wagen hinter uns heraus picken. Danach ist die D415 leider gefräst und neu geschottert, was es etwas anstrengend macht. Userfehler, Navifehler, wie auch immer, plötzlich landen wir wieder in der Schweiz und fahren am Lac de Joux der Uhrenhersteller vorbei, bevor wir über einen kleinen, eigentlich wieder nicht vorhandenen Grenzübergang nach Mouthe in Frankreich hinüber fahren. Selbst die kürzeste Route beendet in Pontarlier unseren Tag mit 420km im Kyriad Hotel, einem Ibis Verschnitt. Im nebenan liegenden Courtepaille bekommen wir noch mal fette Burger.

Peugeot 402 Klappdach Art DecoRückreisetag 2: Nach einer schlechten Nacht (man kann die Fenster nicht öffnen, weil die Umgehungsstraße so laut ist), fahren wir erst mal los in der Hoffnung schnell ein Cafè für ein Frühstück zu finden. Aber erst 100km weiter in St. Hypolite finden wir wenigstens ein Cafè und einen ausverkauften Bäcker.

In Montbeliard machen wir noch einen Stop für mich, weil ich noch Kohlenhydrate in Form von Chausson aux pommes brauche. Carsten erwähnt, daß
ein Stadtteil das mir bekannte Souchaux ist, wo das größte PSA Werk steht, und er hier schon öfters war. Die Karte zeigt auch ein Peugeot Museum und da er noch mal Kurven braucht, trennen wir uns hier. Ich besuche noch das Museum für 9€ und unterstütze meine Firma, er fährt durch die Vogesen zurück. Auch Peugeot hat mit Nähmaschinen und anderen Haushaltsgeräten angefangen. Wirklich innovatives gibt es nicht von Peugeot, aber in den 30er Jahren bauten sie passend zum Zeitgeschmack ein paar schöne Art deco-artige Autos, auch das Klappdach wurde hier in Serie gebracht.

Auf den Schnellstraßen um Colmar und Straßbourg fahre ich dann zum Schluß auf die letzten Tropfen Benzin bis nach Seltz, wo ich noch mal tanke und Kleinigkeiten einkaufe. 470km stehen an diesem Tag auf der Uhr.

Schöne kurze, intensive und knappe Woche. Es waren nur 6 Tage, trotzdem aber 2650km. Auch wenn es per se nicht "die" Hochalpen waren, hat es sich voll gelohnt. Nicht nur Hochalpenpässe sind gut, manchmal auch, weil sie einfach nicht so abwechslungsreich wie die Gegenden waren, wo wir dieses Mal mehr Zeit verbracht haben. Meine Bedenken wegen der Reisezeit waren vollkommen unbegründet. Vielleicht zieht es die Franzosen alle ans Meer. Außer in Sault war nirgendwo eine größere Touristenansammlung, was die Herbergssuche und Bewegung sehr entspannt machte.

Meine Guzzi hat problemlos durch gehalten, die Breva von Carsten ist durch die bessere Federung leichter zu fahren. Die Fahrerei nach Navi hat mich wieder mal nicht überzeugt, mit Karte verfahre ich mich seltener und man hat einen deutlich besseren Gesamtüberblick. Mir gingen die kleinen Straßen auf Dauer sehr in die Handgelenke und Arme (wohl auch das Alter  ;-)  ), aber bestimmt auch die bockige Gabel. Dafür hatte er immer wieder mal mit Elektronikaussetzern zu kämpfen, die das Starten unmöglich machen. Meine S kennt so etwas nicht, Verbrauch auch weiterhin bei 4,6 l/100, kaum Ölverbrauch. Der Benzinpreis ist inzwischen selbst an den Supermarkt Tankstellen ähnlich wie in Deutschland (Super Plus 1,60 €/l). Die Conti halten immer noch super, hatten ja letztes Jahr ja auch ein Jahr Pause zum "Reifen".

E. Thane
Juli 2021