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Bigger is better?

Inzwischen sind zwei Jahre ins Land gegangen, und ich werde immer wieder auf meine Erfahrungen mit dem damals im Winter 99 ziemlich aufgepumpten Motor angesprochen. Ich hatte ja nach gut 200.000km mich entschlossen Nägel mit Köpfen zu machen, und mir „richtig“ Leistung zu gönnen und bei der Firma Dynotec einen 95mm Bohrungssatz gekauft und vorbereiten lassen. Das Ergebnis waren im Endeffekt 97PS mit 110Nm Drehmoment (siehe auch Leistungsdiagramm) und ein recht unschöner Abschluß der Zusammenarbeit mit Dynotec, von denen ich nach Begleichen der Rechnung die persönliche Meinung vom Chef in der Zeitung lesen konnte (siehe auch Streß). Aber hier soll es darum gehen, wie sich so ein Gerät fährt und ob es hält, und darüber konnte ich mir in den letzten 40.000km eine Meinung bilden.


1000S mal geputztBei der Tour Ostern 2000 in Frankreich war ich begeistert, alles funktionierte und mit den Bridgestone und dem erstarkten Motor flutschte es nur so. Was mich nicht so begeisterte war der relativ hohe Verbrauch, der eigentlich durch die höhere Motorleistung eher auf Niveau des originalen Motors hätte liegen müssen (um die 4,5 l/100 über 200.000km mit originaler Bedüsung - trotz der individuellen Abstimmung bei Dynotec konstant um die 5,5 l/100 (bei normaler Fahrweise). Auch brauchte der Motor mehr Öl als der alte je gebraucht hatte (mind. 0,3 l/1000), was ich aber erst mal auf die niedrige Kilometerleistung und die nicht mehr originale Entlüftung schob, die ebenfalls umgebaut wurde. Aber es machte einfach Spaß, immer ausreichend Kraft in jeder Lebenslage verfügbar zu haben, und ich suchte den Fehler erst mal in den noch nicht getauschten Komponenten. Beim Überprüfen der Zündanlage fielen mir oxidierte Zündkabel und ein Kerzenstecker mit zu hohem Widerstand auf. Leider brachte der Austausch der kompletten Kabel und Stecker auch keine Besserung bei beiden Problemen. Auch machten die Öhlins ihrem Namen alle Ehre. Nach nur 5.000km fing eines an zu ölen. Ich schickte es ein und es wurde nach gutem Zureden innerhalb von drei Wochen abgedichtet.

So entschloß ich mich im Sommer mit einem Bekannten die Abstimmung mal mit Lambdasonde zu überprüfen. An den damals von Dynotec erworbenen und montierten Edelstahlkrümmern waren ja zum Glück schon Anschlüsse vorhanden. Die ersten Messungen überraschten uns etwas. Jens Hoffmann hatte ja damals erzählt, daß eine speziell angeschliffene Nadel für schnelleres Ansprechen eingebaut wurde. Die Maschine lief oben herum extrem fett, unten herum war es leicht fett, was OK ist (PS: 2015 habe ich die Messungen mit genauerer Messung mit Aufzeichnung nachgefahren). Erste Versuche mit kleineren Hauptdüsen brachten gar nichts (so wurde damals bei Dynotec abgestimmt), also betrachteten wir uns mal die Innereien, die eingebaut hatte. Hauptdüse 152, Leerlaufdüse 60, Schieber 60/3 und Zerstäuber AR266 und eine Nadel K19. Die Schwimmerhöhen wurden offensichtlich auch nicht kontrolliert. Bei Messungen auch mit Mikrometerschraube konnten wir allerdings keinen speziellen Schliff feststellen, es war einfach eine Standardnadel.  Da diese Nadel unten herum durch den kleinen Durchmesser relativ fett ist, experimentierten wir mehr in Richtung größerer Spitzendurchmesser. Die besten Ergebnisse bekamen wir mit dem gleichem Zerstäuber und den Nadeln K3 und K8. Die Leerlaufdüse wurde wieder auf 65 angehoben und selbst bei Vollast lief der Motor mit einer 145er Hauptdüse noch fett genug.


So eingestellt ging es auf die nächsten Touren. Es waren keine Veränderungen im Ansprechen spürbar, was natürlich erst einmal positiv ist, in Verbindung mit einem auf altes Niveau gesunkenen Verbrauch (zwischen 4,2 und 5 l/100) natürlich um so besser. Mit dieser Einstellung ging es auch in den Urlaub in den Nahen Osten (siehe Motalia 141/142), eine Reise durch die Tschechische Republik, die Slowakei, Ungarn und Polen, die keine besonderen Anforderungen an den Motor stellte sondern eher an das Fahrwerk. Und das zeigte, daß die originalen Öhlins Dämpfer für Reisen nicht unbedingt taugten. Sie waren mir zu hart, die Gabel gab noch ihren Teil dazu – bockig wie immer.
...es glänzt
Wie jedes Jahr unterbrach auch dieses Jahr der Winter das lustige Guzzitreiben, und ich überarbeitete (auch wie jedes Jahr) einige Sachen. Da die Gabel so undicht war, daß das Öl inzwischen auch aus dem Faltenbalg sabberte, machte ich hier Nägel mit Köpfen und erneuerte die Gabel komplett. Das Problem waren nicht mehr nur die Simmeringe, sondern die Riefen die die Gabel inzwischen hatte. Sie hatte mit den ersten Simmeringen immerhin die ganze Distanz über gehalten. Bei dieser Gelegenheit tauschte ich auch das Lenkkopflager.

Bei dieser Aktion nach dem Motto “mein Moped soll schöner werden”  sollten auch die Krümmer ein wenig mehr glänzen. Beim Abbauen klapperte es verdächtig und nähere Betrachtung brachte den Grund für das ständige Auspuffpatschen zutage, daß auch beim Abstimmen nicht wegzubekommen war. Der bei Dynotec montierte Edelstahlkrümmer war mit Gewalt eingesetzt worden, so daß er durch die Spannung oben am Anschluß gerissen war. Im Nachhinein ist die Ursache ganz klar, die Zylinder wurden damals für den Umbau gekürzt und dementsprechend saß der Krümmer unter Spannung, da er unten durch das H-Rohr zusammen gehalten wurde. Ich ließ das Interferenzrohr unter der Lichtmaschine kürzen, die Teile wieder zusammenschweißen und nach dem Polieren sah man auch nichts mehr – nur Glänzen. Um diese Glanzorgie abzurunden gab ich noch einen Sitzbankbügel aus Edelstahl (ebenfalls natürlich poliert) in Auftrag, damit mein Gepäck nicht immer nach hinten vom Sattel rutschte.

Vor den ersten Sonnenstrahlen im Frühjahr 2001 schloß ich auch wieder die originale Motorentlüftung zusätzlich zu der Spezialentlüftung an, in der Hoffnung, daß der Ölverbrauch nur auf den hohen Motorinnendruck zurück zu führen ist. Aber die ersten Touren zeigten leider, daß dies nicht die Ursache war. Der Ölverbrauch war unverändert, der Motor brauchte auch auf beiden Zylindern Öl, wie man an den beiden ölverkrusteten Kerzen unschwer ablesen konnte, aber ich hatte einfach keine Lust, den Motor schon wieder auseinander zu nehmen. Ich hatte ihn ja eigentlich überholt um weitere 100.000km streßfrei zu fahren. Ich werde angesichts dessen den Motor wahrscheinlich einfach weiter sein Öl brauchen lassen, auch wenn es bei einem praktisch nagelneuen Motor ärgerlich ist.

Nach Ostern kam ich günstig in Besitz von praktisch nagelneuen Wirth Federn, die ich jetzt mal im Vergleich zu den Moto Spezial Teilen fahren wollte, um mal heraus zu finden, ob die unkomfortable Gabel mit den Federn oder der Dämpfung zu tun hat. Dabei mußten auch wieder einmal die Dichtungskörper der originalen Bitubos gewechselt werden, weil die eine Patrone leider wieder undicht war. Die Wirth Federn waren weicher, was sich beim Fahren schnell zeigte, plötzlich schliff ich nämlich mit den Fußspitzen und mußte die Federn fast ganz vorspannen.  Aber leider war die Gabel jetzt nur softer, bei kurz aufeinander folgenden Querrillen kam sie weiterhin einfach nicht hinterher. Das Problem ist offensichtlich ein Dämpferproblem.

HeckVor dem Sommerurlaub in Kroatien versagte noch der hintere Bremszylinder, und ich ließ ihn durch einen Reparatursatz aufarbeiten. Ausgerechnet im Urlaub fing die rechte Stößelstange an sich zu stauchen, ein Defekt, der bei meiner S eigenartigerweise regelmäßig ca. alle 80.000km auftaucht. Zum Glück hatte ich damals, als ich hörte, daß die Stößelstangen gekürzt werden mußten, noch eine Stange in Reserve umarbeiten lassen. Die brachte mir der dritte Mann, der eine Woche später nachkam, mit. Der Austausch war dann nur eine Sache von Minuten. Das Motorrad lief ansonsten ohne Probleme. Die rechte Kopfdichtung fing zwar ziemlich an zu schwitzen, aber das muß ich erst mal im Auge behalten. Die 95er Dichtung ist laut Aussage von Jens Hoffmann eine Spezialdichtung, die man angeblich mehrmals verwenden kann, aber was macht man, wenn sie undicht wird? Einfach mal tauschen tut man die wegen des Preises nicht.

Auf dem Rückweg fuhr ich bei der Firma Zupin in Traunreut vorbei und ließ die hinteren Öhlins Dämpfer mehr in Richtung komfortabel einstellen, eine Arbeit, die freundlicherweise auf Kulanz geschah. Seit dem merke ich das schlechte Ansprechen der vorderen Gabel um so mehr. Die Öhlinsdämpfer, die Dynotec anbietet, sind laut Aussage von Zupin eher in Richtung noch sportlicher eingestellt. Da ich nicht auf der Rennstrecke sondern mehr auf kleinen Strecken unterwegs bin, kommt mir diese Einstellung mehr entgegen.

Das waren gute 40.000km mit einem relativ stark getunten Motor. Guzzifahren ist immer noch geil, mit der Mehrleistung ist Geländeeinsatzman immer souverän unterwegs. Ob die mehr als 10.000 Mark, die in diesem Motor stecken, sich lohnen, bin ich mir nicht mehr so sicher. Ich habe mich an die Leistung schnell gewöhnt, aber subjektiv ich war mit dem originalen überarbeiteten Motor nicht wesentlich langsamer unterwegs (Landstraßen!) und die Mehrleistung merke ich hauptsächlich im direkten Vergleich oder bei Autobahnfahrten. Auch die nicht mehr so einfache Ersatzteilfrage (Dichtungen oder was wäre gewesen, wenn ich keine Reservestange mehr gehabt hätte?) ist ein Manko. Was mich auch etwas stört ist die große Ölwanne mit dem vorne exponiert liegenden Ölfilter, die meine Bodenfreiheit beschränkt. Für die Alternative, vor die ich von Jens gestellt wurde – den Ölkühler – hätte ich aber auch keinen adäquaten Platz gefunden.

Gerade in Anbetracht des ganzen Ärgers frage ich mich, ob es nicht klüger gewesen wäre, 90mm Bohrung (wenn überhaupt) zu wählen und Feinarbeit hinein zu stecken, was die Kosten in einem anderen Rahmen gehalten hätte und in das Fahrwerk zu investieren. Das - in Verbindung mit den Bridgestone BT45 - ist ein wahrer Gewinn. Durch die etwas längeren Federbeine in Verbindung mit den klebstoffgleichen Reifen ist schnelles Kurvenhuschen eine entspannte Freude. Die Reifenmischung und die Motorleistung fordern allerdings ihren Tribut, ein Hinterreifen hält bei einigermaßen gesetzkonformer Fahrweise 5.000 bis 9.000km, der Vorderreifen 9.000 bis 18.000. Aber wo gehobelt wird fallen Späne............

Eric Koch
November 2001 

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