Wie immer beobachten wir schon eine
Woche vorher die Wetterberichte für das Zeitfenster,
das wir uns für unsere Tour ausgesucht hatten. Von
einer Woche strahlendem Sonnenschein bleibt immer
weniger über. Aber was hilft alles jammern, man muß
das Beste draus machen. Nach intensivem Studium der
Wetterkarten entschließen wir uns vorläufig zu einer
Runde im Uhrzeigersinn über Österreich, die Schweiz
und Frankreich. Diesmal wollen wir das Zeltgepäck
gleich zu Hause lassen und nur auf feste Unterkünfte
gehen. Roger reist auf seiner S am Montag an und am
Dienstag Morgen geht es bei bedecktem Himmel los. Das
Problem des gebrochenen Blinker hinten rechts löse ich
mit einer versteifenden Duck-Tape Schienung. Querbeet
zur A61 und dann BAB bis Baden Baden. Da die B500
hinter Baden Baden gesperrt ist, nehme ich die
Umleitung und disponiere mittels Karte im Tankrucksack
kurzfristig um. Über Weißenberg und Enzklösterle geht
es auf superguten Strecken Richtung Osten bis nach
Burladingen, von wo wir querbeet Richtung Isny im
Allgäu schlagen. Das Wetter spielt mit, wir kommen
voran und fahren dank Navi die letzten Kilometer über
Kempten (wo ich gerade vor zwei Wochen mit Familie
war) nach Sonthofen auf der Schnellstraße. Auf dem Weg
zum Premierenpaß, dem Oberjoch, fallen mir nach
Sonthofen Schilder am Straßenrand auf mit dem Hinweis
"Jochpaß gesperrt". Egal, wir setzen hinter Hindelang
an, aber werden durch einsetzenden Regen gebremst und
entscheiden, es reicht auch für heute. Bisher waren es
immerhin 500km. In Hindelang finden wir in der "Krone"
eine Herberge. Aber erst später beim Essen wird
bestätigt, daß der Paß tatsächlich wegen Steinschlag
seit eben gesperrt ist.
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Das Wetter am Morgen ist wenigstens
trocken, der Himmel ist genauso verhangen wie gestern.
Wir folgen den Umleitungsschildern über Sonthofen und
Wertach und können so durch das Tannheimer Tal zum
Hahntenjoch fahren. Da ich mit Antje erst vor zwei
Wochen das Timmelsjoch befahren hatte, nehmen wir den
"einfachsten" Weg nach Italien, den Reschenpaß. Wir
quälen uns in den Autoschlangen hinüber, nur um auf der
anderen Seite bei Malles das Regenzeug anziehen zu
müssen. Bei Meran biegen wir zum Gampenpaß ab und
beschließen den Tag nach 320km in Cles in einem B&B,
was sehr nett in der Altstadt gelegen ist. Nach etwas
Suchen finden wir ein super Restaurant, wo wir es uns
gut gehen lassen. Am Morgen fahren wir nach einem sehr guten Frühstück (das zweite B bei unserer Herberge macht seinem Namen alle Ehre) bei Sonne durch die ewigen Apfelplantagen, die jeden Quadratmeter dieses Gebietes einnehmen nach Westen zum Tornale. Nachdem wir vorletztes Mal wegen Eis den Gavia nicht fahren konnten, nehmen wir ihn noch mal in Angriff. Diesmal können wir ihn bei Trockenheit unter die Reifen nehmen. Am Fuß der Nordrampe, in Bormio erwartet uns allerdings beginnender Regen. Wir ziehen unser Regenzeug an, um dann weiter zu fahren nach Livigno. Lange nicht mehr so naß geworden. Wir bleiben zwar in unserem Zeug trocken, aber wir schwimmen im Prinzip den Foscagno di Livigno hinauf. Erst bei der Abfahrt ins Tal hört es auf zu schütten, nur die Straßen sind noch naß. In Livigno tanken wir. Seit langem kann ich mal mehr Liter in den Tank fließen lassen als Euros in die Kasse der Tankstelle. Der Literpreis für Super ist 99c. Wir fahren noch die zwei Kilometer weiter ins Dorf für einen Kaffee. Beim Anhalten geht Roger's S unter Qualmen aus. Beim Espresso/Cappuccino philosophieren wir die Ursachen. Es kann eigentlich nur Fehlbetankung mit Diesel sein, aber Roger ist sich sicher, daß er die richtige Zapfpistole genommen hat. Ich fahre noch mal zurück und kann anhand der Säule und Computereinträge (manchmal ist Vorratsdatenspeicherung ja doch zu was gut) sehen, daß er das gute Bluetech Diesel im Tank hat. Funktioniert bei Benzinmotoren halt nicht so gut. Zum Glück hat der Tankwart noch einen 30 Liter Kanister, den ich mitnehmen kann. Unter meinen hilfreichen Kommentaren läßt Roger seinen Tank komplett leer laufen, wir tanken aus meiner um und zwei Stunden später stehen wir wieder an der Tanke. Diesmal fließt das richtige Stöffsche in den Tank, viel Geld hat er allerdings jetzt nicht hier gespart. Währenddessen ist der Himmel schwarz zugezogen und es fängt an zu regnen. Wir wollen den Bernina bei trockenen Straßen genießen und suchen ein Hotel. Es gibt tatsächlich noch wenige 2-Sterne Hotel und das Hotel Aquila nehmen wir. Stadtfein machen wir uns auf zum Schoppen nach Livigno Dorf. Man merkt, es ist Nachsaison. Wir wundern uns, daß es sich für die paar Leute lohnt, die ganzen Geschäfte auf zu machen. |
Wie
die Wettervorhersage es ankündigt, ist es am nächsten
Morgen sonnig. Oben am Grenzübergang in die Schweiz
bewundern wir noch ein kleines Treffen von Ariel
Motorrädern. Vierzylinder Square Motor, was Leute sich
ausdenken. Über den Bernina nach St. Moritz, dort rauf
auf den Julierpaß und wieder runter nach Flims und da
haben wir es wieder - das schlechte Wetter. Regensachen
an, ist ja zum Glück nur noch Regenhose, und dann auf
der Landstraße nach Munster runter eiern. Zum Glück ist
es hauptsächlich Spritzwasser, aber als wir den
Lukmanier Paß hoch fahren fängt es richtig an zu regnen.
So können wir ein touristisches Highlight, einen
Almabtrieb, bei Regen mittendrin beobachten. An den Rand
gewunken, dachte wir erst anhand der Geräusche aus dem
nächsten Tunnel, der Berg kommt runter. Aber es sind nur
die Glocken der Kühe, die gleich an uns vorbei ziehen.
Als alle vorbei sind, können wir weiter. Lukmanier, ein schöner Paß, nur die sonst Schweizer Akkuratesse mit den Straßen ist hier nicht zu erkennen. Es poltert schon ziemlich im Fahrwerk. Unten im Tal fahren wir wieder Richtung Gotthard hoch, bestaunen noch die Staus auf der Autobahn und biegen dann auf den Nufenen Paß ab. Zum Glück ziehen wir die Regenhosen angesichts des sonnigen Wetters bei der Auffahrt nicht aus. Als wir schließlich höher kommen, kommen wir in die Wolken und oben auf dem Paß liegt leicht Schnee. Abgesehen davon, ist es ein toller Paß, der eine schöne Kombination zwischen schnellen Aufwärtspassagen und Serpentinen und kaum frequentiert ist. Am Fuße des Nufenens entschließen wir uns, daß auch dieser Tag nach 320km ein Ende finden muß. Wir suchen in Ulrichen einen Gasthof, finden aber nur Hotels mit der Ansage 120CHF für das Doppelzimmer. Aber wie gesagt, nach Italien ist es zu weit. |
Beim Abendessen (nein, die Spaghetti Bolognese wurden es nicht) haben wir uns schon Gedanken über den Rückweg gemacht. Das Ziel heute soll definitiv Frankreich sein, aber wir wollen noch ein paar Pässe fahren. Wir fahren den Furka (lange nicht mehr gefahren), dann den Oberalp der Vollständigkeit halber (also nur mal rauf, Paßfoto, und wieder runter) und biegen dann in Andermatt in die Schöllenen Schlucht Richtung Susten ab. Dort stehen dann bergauf alle, die den heutigen Stau am Gotthard Tunnel vermeiden wollen. In unsere Richtung geht es zum Glück trotz Baustelle recht flüssig und wir können es am Susten noch mal richtig fliegen lassen. Schöner Paß, schönes Wetter. Heute ist ein guter Tag. Nach einer Pause in Melringen biegen wir ab und fahren noch den kleinen Glaubielen Panorama Paß ab. Herrlich. Aber es wird Zeit an unser Ziel zu denken, und so programmiert Roger seinen kleinen Freund und der führt uns dann über die schrecklichen Landstraßen im Voralpengebiet der Schweiz. Wir sind nicht nur nervlich am Ende, als wir schließlich bei Biaufond (erstaunlichweise ohne Grenzer) nach Frankreich kommen. Als erstes suchen wir eine Tanke am Intermarche auf, dann das Ibis Budget im 40km entfernten Montbeliard. Der Lohn für 380 stressige, aber meist auch schöne Kilometer sind Moule Frites satt mit Vin Rouge im dazu gehörigen Restaurant. |
Auch heute ist die Vorhersage gut. Wir
wollen den letzten Fahrtag in Ruhe in den Vogesen
genießen. Erstes Ziel ist der Grand Ballon, dann folgen
wir der Route des Cretes. Herrliches Fahren, es ist
relativ leer und so geht es flüssig dahin. Mehr ist
außer dem wirklich schönen Fahrwetter auch nicht zu
erwähnen. Wir fahren bis Saarbourg kleine Straßen und
steuern dann Forbach an, was wir als Ziel unserer
gemeinsamen Tage uns ausgewählt haben. So kommen
nebenbei 380km zusammen. Nach etwas Suchen geben wir dem
Hotel Premium für 35€ eine Chance, aber Premium ist nur
der Name. Das Essen im gegenüber liegenden Kino
Restaurant Paradies (auch hier ist Nomen nicht Omen)
entschädigt teilweise dafür. Morgens tanke ich noch mal und wir kaufen ein wenig ein. Dann geht es für mich nur noch schnell über Autobahn nach Hause. |
Nach
meiner Lambda Abstimmung und den ersten Tankungen war
ich ja nicht so richtig überzeugt, ob sich der Aufwand
gelohnt hat. Aber er hat. Die ständigen Nachjustierungen
bei Höhenunterschieden haben sich erledigt. Leerlauf ist
wie betoniert. Leistung ist auch wie immer ausreichend
da. Der Verbrauch hat sich bei durchschnittlich 4,7
Liter eingepegelt. Öl hat sie erstaunlich wenig
gebraucht, nicht einmal einen Liter auf die ganze Tour
Distanz. Meine neuen Dunlops haben auf der Tour
ordentlich abgenommen. Sie sehen nach 5.200km (davon
2.400km auf dieser Tour) schon ziemlich am Ende aus. Auf
nasser Strasse vermittelten sie aber ein gutes Gefühl.
Rogers neuer Conti Classic Attack auf der Hinterachse
hat seine Ei-Form verloren, sieht aber noch besser aus.
Die Unterkunftsentscheidung war richtig, es wäre kaum
zum Zelten gekommen. Auch wenn wir einige Regenpassagen
hatten, sehe ich die Tour eher positiv. Ich hatte sage
und schreibe 5 Paar Handschuhe dabei um alle
Eventualitäten abzudecken. Gebraucht habe ich nur zwei
Paar, beide dick, eines mit Membran. Wir hatten viele
Kilometer auf trockener Straße. Meine Guzzi hat ohne
Probleme alles hinter sich gebracht und Rogers ist ohne
Diesel auch wieder besser gelaufen.. Eric Thane September 2015 |