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DDT - Die Deutschland Tour
Auch nicht hoch hinaus

Bei Roger kommt der Wunsch auf, wieder einmal zusammen eine längere Tour zu machen. Es bleibt bei mir nur die Möglichkeit das Fronleichnamswochenende zu verlängern. Angesichts seiner Anfahrt schlage ich eine Runde durch Deutschland vor, beginnend im Schwarzwald und dann entgegen des Uhrzeiger Sinns sehen wie weit man kommt. Er reist Mittwoch auf seiner neuen T700 an. Die Wetteraussichten sind gut - fast zu gut, es sind Temperaturen im oberen 30er Bereich angesagt und schon jetzt sind es 30°.


SchwarzwaldbecherEs wird 10 Uhr bis wir los kommen, auch wenn wir dieses Mal nicht viel Gepäck dabei haben. Wir wollen die 6 Tage in festen Unterkünften übernachten, die wir auf dem Weg buchen. Wir haben die ersten beiden schon gebucht bei der Abfahrt. Da das Rheintal in der Mannheimer Gegend fahrerisch nicht viel hergibt, nehmen wir die schnelle B9, fahren dann auf der französischen Seite bis Höhe Achern, wo wir dann in den Schwarzwald stoßen. Der erste Halt ist für ein Eis in Oppenau, dann geht es weiter Richtung Süden. Leider stelle ich fest, daß die Nordauffahrt des Kandels gesperrt ist - schade. Wir umfahren ihn über das Glottertal nach bis nach Breitnau, wo wir im Hotel Faller ein Zimmer haben. Essen können wir nach dem Duschen im nebenan liegenden Mühlencafé einen leckeren Spießbraten (das indisch geführte Faller hat leider kein Restaurant mehr). Anschließend machen wir einen Verdauungsspaziergang auf einen nahe gelegenen Hügel und genießen das Abendlicht. 350km sind es geworden, das meiste leider relativ langweilig.

Nach einer guten Nacht können wir unten frühstücken, packen und sind wieder um 10 Uhr auf der Straße. Aber weit kommen wir nicht, auf dem Weg durch das Höllental reißt mein Kupplungszug beschert mir eine kleine Bastelstunde. Zum Glück habe ich immer einen Ersatz dabei. Über Notschrei fahren wir nach Todtnau, wählen dann aber nicht die langweilige Strecke über den Feldberg, sondern umrunden ihn südlich über Bernau und enden am Schluchsee. Über Lenzkirch und Vöhrenbach führt es uns Richtung Nordosten nach Rottweil. Auch heute ist es heiß, und wir sind froh, uns mal in einer klimatisierten Bäckerei abkühlen zu können. Hinter der imposanten Landmarke Schloß Hechingen, dem Stammsitz der Hohenzollern biegen wir ab, um Reutlingen auf kleinen Straßen zu umgehen. Die Strecke führt uns an Gomadingen vorbei, einem der alten Zentren des Guzzitums. Aber der Laden ist schon lange zu und der Besitzer auch tot, wir halten nicht an, sondern bleiben in Fahrt um nicht weiter aufzuheizen. Nach 340km halten wir vor dem GG Boarding House an und können unser Zimmer beziehen. Es ist ein gesichtsloses Zimmerhotel ohne Rezeption oder anderem. Dummerweise überlese ich einen Hinweis im Internet, und wir statten erst einer nahen Pizzeria einen frucht/pizzalosen Besuch ab da geschlossen. Danach machen wir einen Spaziergang in die andere Richtung und finden einen hippen Biergarten (genau das richtige für zwei alte Knochen), wo wir Burger und Bier bekommen und den Abend ausklingen lassen.

Am Morgen halte ich Roger ein wenig vom Weiterkommen ab, da ich immer Druck im Bein habe, vermutlich weil die Lederhose nach dem vielen Fahrradfahren inzwischen zu sehr spannt. Ich überrede ihn zu einem Besuch beim lokalen Polo Händler (es ist zum Glück Samstag), um nach einer weiteren Hose zu schauen. Wir verlängern unser Frühstück am Bahnhof bis kurz vor 10 Uhr, dann fahren wir rüber zum Polo. Zum Glück finde ich ein FLM Modell im Angebot, das auch noch eine nettere Farbe als schwarz hat und - für mich wichtig - ein herausnehmbares Tex Futter, was ich bei der Stadler Jacke schätzen gelernt habe. 199€ ärmer sitze ich deutlich luftiger wieder auf dem Motorrad und Roger fährt vor nach Navi Richtung Südosten, wo unser heutiges Ziel der Bayrische Wald ist. Die Strecke ist nicht besonders aufregend, weil es die Landschaft auch nicht ist. Die Hitze steht und selbst der Fahrtwind bringt nicht viel Abkühlung. Kurz vor 17:00 kommen wir endlich nach 320km im Weidenhof bei Bad Griesbach an und werden herzlich vom Wirt empfangen. Beim Reservierungsversuch für das Abendessen wird fest gestellt, daß der nahe gelegene Gasthof Pfandl nur bis 18:00 die Küche offen hat, weil durch Corona die ganzen Service Kräfte abhanden gekommen sind. So müssen wir noch einmal richtig Gas geben mit Auspacken und Duschen und werden dann vom Wirt noch schnell rüber gefahren. Der Streß lohnt sich, Essen ist lecker (es schmeckt auch den gefühlt 1000den Fliegen) auf der Terrasse. Das Gute Nacht Bier nehmen wir dann aber mit deutlich weniger Fliegen auf unserem Zimmerbalkon.

KTM Motohall
Mattighofen - das KTM Museum Motohall
KTM Chopper
KTM Chopper, es gibt noch schlimmeres als Insekten
Passau
Passau, da wäre man gerne drinnen

Der Hintergedanke unserer Unterkunft nahe der österreichischen Grenze war ein angedachter Trip nach Mattighofen. Nach einem guten Frühstück brechen wir auf, es sind nur knapp 100km zu dem Zentrum des KTM Universums. Wir können zwar beide nichts mit KTM anfangen (ready to race ist nicht so mein Ding und das Design finde ich eher irritierend), aber in der Liste der Automobil- und Motorradhersteller (siehe Bologna Besuch) fehlt es uns noch. 11€ kostet der Eintritt ins neue KTM Motohall Museum. Es ist gut gemacht und vor allem klimatisiert. Als wir wieder heraus kommen, trifft uns der Hitzehammer. Trotzdem entscheiden wir uns, den Tag kulturell nicht ganz unnütz verstreichen zu lassen und fahren über langweilige Landstraßen nach Passau. Als erstes genehmige ich mir hier einen großen Eisbecher, erst danach fühlen wir uns in der Lage etwas herum zu schlendern. Der Dom ist nicht nur ganz schön, innen ist er ebenfalls schön kühl. Aber zu mehr reicht es nicht, zum 3-Flüsse Eck fahren wir mit Motorrädern. Von der Hose bin ich sehr angetan, der Druck ist größtenteils weg, weil sie weiter ist, und sie ist ebenso luftig wie die Jacke. So sind wir schon früh wieder im Weidenhof und relaxen auf unserem Zimmer, bevor wir wieder den Pfandl beehren. Dieses Mal haben wir keine Lust auf so viele Fliegen und bleiben drinnen.

Nachdem es ja die ganzen Tag von Tag zu Tag heißer wurde, ist das Gewitter nach dem Frühstück keine Überraschung. Wir verfolgen vom Balkon, wie die Winde peitschen und sitzen das gröbste aus. Voll eingepackt fahren wir schließlich doch los, können in Vilshofen allerdings alles schon wieder von uns werfen. Bei kühleren, aber immer noch leicht schwülen 25°C fahren wir entlang der Grenze zu Tschechien über Fürth im Wald und Cham wieder nach Westen. Wir wollen nämlich noch einen Motorradbauer besuchen, die Firma Radical Guzzi, die in Schwarzenfeld ihren Sitz hat. Vom Bronhold Senior werden wir herzlich empfangen, er begutachtet meine Gabel, an der er seinen Anteil hatte und zeigt und erklärt uns seine Kunstwerke. Unter anderem steht da seine eigene 1,7 Liter 8 Ventil Guzzi und der aktive Dragster, mit dem er Rennen fährt. Wir sprechen auch noch über Glemseck 2016, als er mit einer Guzzi nur knapp gegen Carl Fogarty verloren hat. Danach geht es nur noch stramm weiter nach Aurach, wo wir eine Unterkunft über booking.com gebucht haben. Es gibt noch Diskussionen mit dem Gasthof und booking, weil der Preis auf der Bestätigung nicht der gleiche wie beim Buchen ist (Differenz 40€), aber im Endeffekt nehmen wir das Zimmer, weil es schon spät ist. Für das Abendessen ist es noch warm genug auf der Terrasse, aber austrinken tun wir dann lieber drinnen.

Radical Guzzi

The real stuff
Radical Guzzi Umbau
1,7 Liter Fahrmaschine
Radical Guzzi Dragster
Dragster

Die Nacht ist schrecklich warm im Zimmer und nicht besonders erholsam. Dafür ist es morgens schön kühl, als wir nach dem Frühstück aufbrechen. Ich nehme den schnellen Weg nach Hause. So werden es 1750km, Ölverbrauch 0,5l auf die Distanz bei ca. 4,6l/100km Durchschnittsverbrauch und ein gerissenen Kupplungsseil stehen auf der Soll-Seite. Auf der Habenseite steht ein schöner, wenn auch heißer und damit anstrengender Kurzurlaub im Süden von Deutschland. Der schönste Teil für mich war eigentlich der Schwarzwald. Der bayrische Wald ist mir zu langweilig zum Fahren. Die Zwischenetappen waren nett, aber es fehlte das bergige.

Eric Thane
Juni 2022