D e
r G ü l l e p u mp e n b e r i c h t
Mich hatten die Guzzis ja schon
immer fasziniert, aber Anfang der 80er, als ich genug Geld
gespart hatte, um ein erstes Motorrad zu kaufen, spielten nur
praktische Erwägungen eine Rolle. Ich hatte technisch noch
keinen Schimmer und wußte, daß das Motorrad, das ich mir
kaufen würde, wohl mindestens über Bundeswehr und Studium
halten muß. Es mußte also einfach zu unterhalten und günstig
in der Anschaffung sein. Es war die Zeit, als die
Versicherungstarife noch in astronomischer Höhe waren, da
durfte es auch nur eine 50PS Maschine sein (die kostete mit
Teilkasko mit 300DM Selbstbeteiligung schon satte 1.300DM im
Jahr). Vau Zwo mit Kardan wäre auch schön. Die Auswahl war
recht eingeschränkt, aber auch sehr einfach – eine Honda CX 500 E
hatte mein Herz erobert. Die parallel probegefahrene CBX550
war mir deutlich zu klein. Es ist die zweite Variante der
alten Güllepumpe mit einem besseren Fahrwerk und einem etwas
erwachseneren Aussehen. 6.500DM kostete mich das gute Stück
mit Gepäckträger bei Honda Westphal in Heiligenstedten.
Es sollte sich als die richtige Entscheidung
erweisen. Zugelassen im Februar 1982, fuhr ich dieses Motorrad
Sommer wie Winter, sie wurde nur abgemeldet, wenn Schnee und Eis
das Fahren unmöglich machte. Mit ihr entdeckte ich Europa. Zweimal
war ich auf großen 6.000Km Urlauben in Frankreich (außer den
ganzen Kurzurlauben dort), einmal schaffte ich es gar in den Alpen
mit einem Abstecher an die Adria 10.000Km in einem Urlaub zusammen
zu fahren. Die Pyrenäen waren mir noch einen Extraurlaub wert.
Außer verschiedenen Deutschlandtouren trug sie mich auch nach
Skandinavien, das erste Mal auf die Insel Öland (Schweden) und das
zweite Mal eine große Runde von Helsinki übers Nordkap und
Norwegen zurück.
Technisch gab es eigentlich nie ernsthafte
Probleme, die Arbeit besorgte ich mir meistens selbst. In meinen
Anfangsjahren bin ich regelmäßig aus irgendwelchen Gründen im
Acker gelandet (ich will mal nicht zu sehr ins Detail gehen). So
veränderte sich mit der Zeit auch das Aussehen meiner Pumpe. Ich
kaufte noch eine CX 650 E
in Teilen, von der ich Anfangs nur die Lackteile zum Ausbessern
verwendete. Irgendwann gegen Ende der 80er ritt mich mal der
Teufel, und ich dachte mir, „die sehen doch so gleich aus, warum
kann man den Motor eigentlich nicht umbauen?“. Zwischen Gedanke
und Tat war dann kein großer Verzug mehr, eines Wochenendes war es
dann so weit. Was soll ich sagen, es paßte! Die Vergaser der 650er
mußten zwar draußen bleiben, aber auch mit den 500er Vergaser (die
etwas größer waren) lief das Teil super. Den elektrischen Lüfter
der 650er mußte ich noch auf Handbetrieb umstellen, weil der von
der 500er auf der Nockenwelle saß, aber das war dann nur noch eine
Kleinigkeit und beim Fahren eine Frage der Beachtung der
Temperaturanzeige. Dafür war das Teil saukräftig, mit 200 Sachen
in den Kassler Bergen GTI´s jagen war kein Ding. Aber irgendwann
zwackte dann das Gewissen, und ich habe den Motor wieder verkauft.
Aber der originale Motor war nicht tot zu kriegen. Bei 50.000Km
hatte ich das traumatische Erlebnis, daß ein Freund auf einer YZ
550, der vorher gleich schnell war, mich deutlich abhängte. Ich
dachte als Anfänger gleich das Schlimmste und habe im darauf
folgenden Winter den ganzen Motor auseinander genommen (ich
Idiot), habe dem Motor neue Kolben und Ringe in der ersten
Übergröße spendiert. Danach war sie auch nicht wieder schneller,
wahrscheinlich hätte einfaches Ventile einschleifen gereicht, aber
wie gesagt, damals hatte ich null Ahnung von garnichts. Nebenbei
gesagt, die Euro war sowieso nie ein schnelles Moped, die alten
Pumpen waren immer schneller. Wenigstens hat mir das Zerlegen des
Motors die Technik etwas näher gebracht. Ich hatte nie ein Mofa
und dementsprechend fehlte mir auch von dort jegliche
Schraubererfahrung. Danach habe ich die Finger mehr oder weniger
von der Maschine gelassen, habe nur noch undichte Simmeringe und
die Steuerkette ersetzt. Das einzige Malheur, das mich mal
kurzzeitig matt setzte, war ein geborstener Lagerkäfig des
Kardans, der zerstörte dann gleich den Simmering, und ich stand
ohne Öl da. Mit vorsichtiger Fahrweise schaffte ich es noch 300Km
zu Verwandten, die damals in Österreich Urlaub machten. In der
Gegend gab es zufällig einen CX-Fanatiker, der mir half, das Lager
rauszuholen, mir sogar seine 650er lieh, um mir ein neues Lager in
Salzburg zu holen und alles wieder zusammen baute. Glück muß man
haben!
Als ich im Winter 1991 meine Guzzi kaufte, diente die CX nur noch
als Wintermaschine, auf die ich sogar Stollenreifen Metzeler
Sahara 3 in der richtige Dimension aufgezogen habe. Dabei leidet
natürlich jedes Motorrad, und optisch war sie wirklich kein
Schmuckstück mehr. Aber sie hat mich nie im Stich gelassen, die
teuerste Reparatur, die sie mir abverlangte war der Anlasser, der
getauscht werden mußte. Durch die ganze Feuchtigkeit hat sich
anscheinend auch unten in dem Stahl Preßrahmen Wasser gesammelt,
das neben der Fußrastenaufnahme irgendwann für ein Rostloch
sorgte. Ich besorgte einen gebrauchten Rahmen und baute das ganze
Motorrad um. Irgendwann kam ich auf die Idee, daß im Winter ja
eigentlich dünneres Öl dem Motor die Arbeit erleichtern würde und
füllte 5W-30 ein. Das war der Fehler. Kurz danach auf dem Weg von
Mainz nach Freiburg gab es auf der Autobahn bei 120Km/h einen
Schlag und der Motor lief nur noch auf einem Zylinder und starb
schließlich ab. Ein Pleuel war gerissen, offensichtlich hatten die
Pleuellager schon ein zu großes Spiel, was das dickere 10W-40
ausgleichen konnte, das dünnere aber nicht. Das war allerdings
nicht so überraschend bei Kilometerstand 206.000. Also investierte
ich noch mal in gebrauchten Motor. Danach hatte ich die Nase voll
und verkaufte alles inklusive meinem ganzen Keller voll CX Teilen.
Ich habe die CX nie bereut. Sie war ein äußerst zuverlässiges
Moped.
Eric Koch
März 1999