XL Finetuning
Nachdem ich die XL in der Anfangszeit erst einmal zu einem
zuverlässigen Motorrad entwickeln mußte und mit
alltagstauglichem Zubehör versehen habe, kam irgendwann die
Bewährungsprobe – Rumänien. Die hier erfahrenen Schwächen merzte
ich in den inzwischen vergangenen zwei Jahren aus.
Im Jahr 2002 ereignete sich nichts
besonderes, außer einem undichten Benzinhahn gab es nichts, was
einer Erwähnung bedurfte. Den Austausch nutzte ich, das richtige
Reserveröhrchen einzubauen, jenes der RM ist zu kurz und reduziert
Reserve auf einen Liter. Der große Einsatz kam erst im darauf
folgenden Jahr. Es zog mich noch einmal nach Rumänien, und
nachdem es beim ersten Mal 1997 mit der Guzzi doch recht
anstrengend war, ritt ich auf der XL wie auf einem Schaukelpferd
durch die Landschaft. Sie versah anstandslos, und bei wirklich
geringem Verbrauch von um die 4 Liter/100km, ihren Dienst. Nur ein
Gabelsimmering, ausgerechnet der bremsseitige, nahm die Belastung
krumm und versagte seinen Dienst. Er wurde mit einem Lätzchen
gebändigt und zu Hause ersetzt.
Zur Vorbereitung hatte ich in der Hoffnung, dass der Bereich unter
3000 U/min besser fahrbar sein würde, einen Leiro Edelstahlkrümmer
angebaut. Dem war leider nicht so, und ich würde inzwischen sagen,
dass er außer Optik und etwas besserer Wärmeabfuhr nichts gebracht
hat. Ein RR Ölthermometer gibt mir seitdem auch Aufschluß über das
Motorwohlbefinden. Weil es an schönen Zubehör
Lösungen für Krallenfußrasten fehlt, gab es eine Eric-eigene
nicht so schöne Lösung. BMW R100GS Rasten wurden mit
Distanzhülsen in die vorhandenen Fußrastenaufnahmen eingepaßt.
Ich mußte aber noch einiges von den Rasten feilen, damit sie
wenigstens teilweise einklappen.
2004
wollten meine Freundin und ich nach Korsika. Ich wollte gerne mit
der XL fahren, weil ich gehört hatte, dass die Straßen dort
relativ schlecht sein sollten. Deswegen rüstete ich sie etwas für
angenehmeren Zweimannbetrieb um. Das originale Federbein hatte
sich in Rumänien als etwas schlaff erwiesen und wurde durch ein
Wilbers Federbein mit externer Verstellung ersetzt. Gleiches
geschah mit den etwas zu weichen Gabelfedern, ein Satz Promoto
Gabelfedern ersetzten sie. Der Auspufftopf bekam Schweißmuttern
für ein Wärmeschutzblech, damit die Packtaschen nicht anbrennen.
Das ganze wurde spritzverzinkt und lackiert. Die billigen
Handschützer ersetzte ich durch abenteuerlichere von Acerbis und
durch eine Lenkererhöhung hob ich den Lenker um 30mm an. So kann
ich entspannter im Stehen fahren. Antje beschwerte sich auch über
die glatte Sitzbank, die nach vorne abfiel, und sie in eine
ständig wegrückende Position zwang. Ein Sattler polsterte die
Sitzbank für 90€ in eine Stufenform und nahm einen raueren Bezug.
Aber wie es so ist, es kommt immer anders als man denkt.
Abschließende Testfahrten wurden von meiner besseren Hälfte
eindeutig zugunsten der Guzzi entschieden, weil man auf der XL zu
eng aufeinander hockt. So ging es schließlich mit der Guzzi nach Korsika, im
Nachhinein haben wir es nicht bereut.
Im kommenden Frühjahr rächte sich die XL damit, dass die Batterie
wegen der zu langen Standzeiten nach guten vier Jahren endgültig
den Geist aufgab. Weil ich auf die Schnelle keine Bleigellösung
finden konnte, nahm ich wieder einen der normalen Klötze. An einem
großen Schwachpunkt der XL war ich schon die ganze Zeit dran – die
bei Autobahnfahrten stark steigenden Temperaturen. Auf der
Rückfahrt von Rumänien hatte ich in einer Mammut Tagesetappe über
800km gefahren und bei sommerlichen 25°C war die Tachoanzeige auch
gleichzeitig Öltemperatur. Das ist nicht gut, da Öl dann schnell
seine Schmierfähigkeit verliert. Und das mit der sowieso geringen
Ölmenge der XL kann für den Zylinderkopf tödlich sein (und gerade
der ist uns ja lieb und teuer - vor allen Dingen teuer). So war
ich schon seit langem am Suchen und Informationen sammeln. Durch
Berichte im XL Forum mußte ich die erst angedachte Lösung eines
Sfera Roller Kühlers (sehr schön klein) wegen des zu kleinen
Anschlußquerschnitts streichen. Andere Kühler, eigentlich die
meisten, waren mir schlicht zu groß und die Montage eines Kühlers
über dem Schutzblech mochte ich aus ästhetischen Gründen nicht.
Irgendwann fand ich bei ebay einen Blockkühler für eine XT, der
meiner Größenvorstellung entsprach (könnte auch von ABP sein). Mit ein
wenig Anpassungsarbeiten konnte ich ihn sturzgeschützt unter
meinen großen Tank bauen (Bilder hier).
Ein Thermostat regelt den Wärmehaushalt. Nach ersten Touren bei
30°C im Schatten kann ich Aussagen machen. Im Stadtverkehr kann er
nicht viel ausrichten, da der Fahrtwind fehlt. Die Temperatur hält
sich konstant bei 100°C. Sobald man aber dauerhaft schneller
fährt (Landstraße oder Autobahn) schwankt die Temperatur zwischen
80° und 90°C, je nachdem wie das Thermostat gerade durchschaltet.
Aber selbst Ortsdurchfahrten treiben die Temperatur gleich wieder
in die Höhe. Die früher erreichten 120°C bei Autobahnfahrten habe
ich bisher noch nicht wieder geschafft, bei 100° war selbst bei
Schnellfahren Schluß. Die früheren Schaltprobleme wegen zu heißem
Öl hatte ich bisher nicht mehr.
Mein Wilbers Federbein mußte ich noch einmal
einschicken. Ich Idiot hatte den Hydraulikschlauch für die
Vorspannung zu nahe an der Kette verlegt und ihn damit
angeschliffen, damit war die Verstellung stillgelegt. Wilbers
tauschte für einen günstigen Preis den Schlauches, die meiner
Meinung nach zu weiche Feder und das zu kleine Handrad und machte
die (eigentlich alle zwei Jahre fällige) Wartung innerhalb von
guten zwei Wochen. Jetzt steht sie richtig schön hoch und hat noch
deutlich Reserven hinten. Nach etwa 18.000km war auch die Kette
austauschreif, ich merkte es an dem zunehmenden Laufgeräusch und
dem schlaffen Sitz auf dem Kettenrad. Der Kettenöler hat da
anscheinend nicht viel gebracht. Ich würde mir jetzt im Nachhinein
auch nicht mehr das Billigmodel von Gericke holen, die Anschlüsse
sind zu filigran. Im gleichen Atemzug ersetzte ich alle Lager im
Vorder- und Hinterrad, die etwas mahlend arbeiteten. Kein großer
Akt und es hielt sich kostenmäßig mit 26€ für die Lager hinten,
19€ vorne und 10€ für den Simmering in Grenzen. Den geringeren
Laufwiderstand merkt man sofort beim Schieben durch die Garage.
So gerüstet ging es mit meiner Freundin auf ihrer Dominator in den
Sommerurlaub in und durch die Pyrenäen.
Problemlose drei Wochen trug mich die XL über die 4.500km. Die
Federung schluckt wirklich alles, was sich in den Weg stellte. Auf
der ersten Tour nach der Rückkehr, ausgerechnet auf dem Weg zum
XL600 2005, häuften sich merkwürdige Getriebespringer. Beim
Beschleunigen im zweiten Gang sprang kurzfristig der zweite Gang
raus. Auf dem Expertenforum auf dem Treffen gab mir Mattes eines
wertvollen Tip - die Klauen der Mitnehmerkronen wären bei ihm bei
dem gleichen Phänomen abgenutzt gewesen. Zu Saisonende raffte ich
mich auf, da das Fahren so auch einfach keinen Spaß machte, und
nahm den ganzen Motor auseinander, weil dem Getriebe leider nicht
anders beizukommen ist. Bilanz bei Kilometerstand 83.500:
abgerundete Kronen des 2.Gang Rades und Pitting auf dem
5.Gangradpaar. Außerdem das Getriebeausgangslager schon total
ausgeschlagen (und ich hatte mich schon gewundert, wo das mahlende
Geräusch herkam). Das wäre nicht mehr lange gut gegangen.
Das waren bisher 27.000km XL. Ich fahre sie immer noch super
gerne, auch wenn sie wegen des großen Tanks inzwischen nicht mehr
der Kurvenräuber wie damals mit dem RM Tank ist. Aber dafür hat
man Reichweiten von 500-600km und man muß ja nicht volltanken. Ein
weiterer Vorteil ist auch die sehr viel komfortablere Sitzbank der
LM. Mit meinem ersten Reifensatz von Avon (Gripstar) war ich sehr
zufrieden, super Grip und brauchbare Lebensdauer von 10.000km
hinten. Der Pirelli MT60 danach war nur eine Zwischenlösung,
schlug sich aber ganz tapfer. Durch einen Fehler meines
Reifenhändlers fahre ich jetzt statt des Tourance den Anakee und
bin nicht so angetan. Bei scharfen Abbiegen ist sie mir hinten
schon ein paar Mal weggeschmiert, was das Vertrauen dann doch
etwas erschüttert. Der Benzinverbrauch (Normalbenzin) bewegt sich
bei normaler Fahrt bei 4,5 Liter, bei mehr Kurzstrecke bei fünf,
was durchaus akzeptabel ist. Ölverbrauch war bisher nur bei
Autobahnfahrten meßbar, was sich jetzt durch den Ölkühler
hoffentlich noch verbessert. Durch die Motorrevision ist das
Leerlaufverhalten sehr stabil geworden, und ich kann sie jederzeit
ohne Choke starten. Der Polo Zylinderkopfdichtung, der man
Undichtigkeit nachsagt, kann ich nur positives bescheinigen. Die
Federelemente möchte ich inzwischen nicht mehr missen. Man weiß
erst wie schlecht die alten waren, wenn man mal was besseres
genossen hat. Viele Worte – kurzer Sinn – ich bin verdammt
zufrieden und hoffe, daß sie noch lange hält.
Eric Koch
Juli 2005