Neverending Story
veröffentlich
in Motalia 198
Im November 1991 erfüllte ich mir meinen
langgehegten Traum und kaufte mir die (für mich) immer noch
schönste Guzzi – eine 1000S mit 26.000km auf der Uhr. 14 Jahre
sind seitdem vergangen, mit ihr bereiste ich viel von Europa und
Amerika, fuhr unzählige Treffen an und Wochenenden weg. Der
Tachostand ist inzwischen 306.500km, gebrochene Tachowellen
dürften noch mal ca. 10.000km dazu addieren. Die ersten 200.000km fuhr ich
mit einer durch Nockenwelle modifizierten Version und Schajor
Krümmern durch die Gegend. Dann ließ ich den Motor massiv
überarbeiten. Dies ist der vierte Bericht über die Änderungen
und Erfahrungen mit meiner Diva und setzt nach der
Motorüberarbeitung bei der Firma Dynotec im Winter/Frühjahr 2000
ein. Die vorherigen Berichte kann man in der Motalia oder auf
meiner unten angegebenen Webseite nachlesen.
Bei der Tour Ostern
2000 in Frankreich war ich begeistert, alles
funktionierte, und mit den Bridgestone und dem erstarkten
Motor flutschte es nur so. Was mich nicht so begeisterte, war
der relativ hohe Verbrauch, der eigentlich durch die höhere Motorleistung und
dem gleichen Fahrstil eher auf Niveau des originalen Motors
hätte liegen müssen (um die 4,5 l/100km über die ersten
200.000km mit originaler Bedüsung, danach trotz der
individuellen Abstimmung bei Dynotec konstant über 5,5
l/100km). Auch brauchte der Motor mehr Öl als der alte je
gebraucht hatte (mindestens 0,5 l/1.000km), was ich aber erst
mal auf die niedrige Kilometerleistung und die nicht mehr
originale Motorentlüftung schob, die ebenfalls umgebaut wurde.
Aber es machte einfach Spaß, immer ausreichend Kraft in jeder
Lebenslage verfügbar zu haben, und ich suchte den Fehler erst
mal in den noch nicht getauschten Komponenten. Beim Überprüfen
der Zündanlage fielen mir oxidierte Zündkabel und ein
Kerzenstecker mit zu hohem Widerstand auf. Leider brachte der
Austausch der kompletten Kabel und Stecker auch keine
Besserung bei beiden Problemen. Auch machten die Öhlins
Federbeine ihrem Namen alle Ehre. Nach nur 5.000km fing eines
an zu ölen. Ich schickte es ein, und es wurde nach gutem
Zureden innerhalb von drei Wochen abgedichtet.
Im Sommer entschloß ich mich mit
einem Bekannten die Dynotec Abstimmung mit Hilfe einer
Lambdasonde zu überprüfen. An den damals von Dynotec erworbenen
und montierten Edelstahlkrümmern waren ja zum Glück schon
Anschlüsse vorhanden. Die ersten Messungen überraschten uns
etwas. Die Maschine lief oben herum extrem fett, unten herum war
es leicht fett, was OK ist. Erste Versuche mit kleineren
Hauptdüsen brachten logischerweise gar nichts (so wurde damals
bei meinem Abstimmtermin bei Dynotec abgestimmt),
also
betrachteten wir uns mal die Innereien der Vergaser genauer:
Hauptdüse 152, Leerlaufdüse 60, Schieber 60/3 und Zerstäuber
AR266 und eine Nadel K19. Die Schwimmerhöhen waren falsch,
obwohl ich die Vergaser damals abgeben mußte und sie seitdem
nicht mehr geöffnet hatte. Jens Hoffmann
hatte damals erzählt, daß speziell geschliffene Nadeln für
schnelleres Ansprechen eingebaut wurden. Bei Messungen mit einer
Mikrometerschraube konnten wir allerdings an den Nadeln keinen
speziellen Schliff feststellen, es war unserer Meinung nach
einfach eine Standardnadel. Da diese Nadel unten herum durch den
kleinen Durchmesser relativ fett ist, experimentierten wir mehr
in Richtung größerer Spitzendurchmesser. Die besten Ergebnisse
bekamen wir mit dem gleichen Zerstäuber und den Nadeln K3 und
K8. Die Leerlaufdüse konnten wir auch auf 55 reduzieren und
selbst bei Vollast lief der Motor mit einer 145er Hauptdüse noch
fett genug.
So eingestellt ging es auf die
nächsten Touren. Es waren keine Veränderungen im Ansprechen
spürbar, was natürlich erst einmal positiv ist, in Verbindung
mit einem auf altes Niveau gesunkenen Verbrauch (zwischen 4,2
und 5 l/100) natürlich um so besser. Mit dieser Einstellung
ging es auch in den Urlaub in den Nahen Osten (siehe Motalia
141/142), eine Reise durch die Tschechische Republik, die
Slowakei, Ungarn und Polen, die keine besonderen Anforderungen
an den Motor stellte sondern eher an das Fahrwerk. Und das
zeigte, daß die originalen Öhlins Dämpfer für Reisen nicht
unbedingt taugten. Sie waren mir zu hart, die Gabel gab noch
ihren Teil dazu – bockig wie immer.
Wie jedes Jahr unterbrach auch
dieses Jahr der Winter das lustige Guzzitreiben, und ich
überarbeitete (auch wie jedes Jahr) einige Sachen. Da die Gabel
so undicht war, daß das Öl inzwischen auch aus dem Faltenbalg
sabberte, machte ich hier Nägel mit Köpfen und erneuerte die
Gabel komplett. Das Problem waren nicht mehr nur die Simmerringe
sondern die Riefen, die die Gabel inzwischen hatte. Sie hatte
mit den ersten Simmeringen immerhin die ganze Distanz über
gehalten. Bei dieser Gelegenheit tauschte ich auch das
Lenkkopflager.
Bei dieser Aktion nach dem Motto
“mein Moped soll schöner werden” sollten auch die Krümmer ein
wenig mehr glänzen. Beim Abbauen klapperte es verdächtig und
nähere Betrachtung brachte den Grund für das ständige
Auspuffpatschen zutage, das auch beim Abstimmen nicht weg
zubekommen war. Der bei Dynotec montierte Edelstahlkrümmer war
mit Gewalt eingesetzt worden, so daß er durch die Spannung oben
am Anschluß gerissen war. Im Nachhinein ist die Ursache ganz
klar, die Zylinder wurden damals für den Umbau gekürzt und
dementsprechend saß der Krümmer unter Spannung, da er unter der
Lichtmaschine durch das Interferenzrohr zusammen gehalten wurde.
Ich ließ das Interferenzrohr unter der Lichtmaschine kürzen, die
Teile wieder zusammenschweißen und nach dem Polieren sah man
nichts mehr – nur Glänzen. Um diese Glanzorgie abzurunden gab
ich noch einen Sitzbankbügel aus Edelstahl (natürlich ebenfalls
poliert) in Auftrag, damit mein Gepäck nicht immer vom hinteren
Sattel rutschte.
Vor den ersten Sonnenstrahlen im
Frühjahr 2001 schloß ich auch wieder die originale
Motorentlüftung zusätzlich zu der Spezialentlüftung von Dynotec am Stirndeckel an, in der Hoffnung, daß
der Ölverbrauch nur auf den hohen Motorinnendruck zurück zu
führen sei, der nicht ausreichend entfleuchen konnte. Aber die
nächsten Touren zeigten leider, daß dies nicht die Ursache war.
Der Ölverbrauch blieb unverändert, der Motor brauchte weiterhin
auf beiden Zylindern Öl, wie man an den beiden ölverkrusteten
Kerzen unschwer ablesen konnte, aber ich hatte einfach keine
Lust, den Motor schon wieder auseinander zu nehmen. Ich hatte
ihn ja eigentlich überholt um, weitere 100.000km streßfrei zu
fahren.
Nach Ostern kam ich günstig in Besitz von
praktisch nagelneuen Wirth Federn, die ich mal im Vergleich zu
den Moto Spezial Teilen fahren wollte, um heraus zu finden, ob
die unkomfortable Gabel mit den Federn oder der Dämpfung zu tun
hat. Dabei mußten auch wieder einmal die Dichtungskörper der
originalen Bitubos gewechselt werden, weil die eine Patrone
leider wieder undicht war. Die Wirth Federn waren weicher, was
sich beim Fahren schnell zeigte, plötzlich schliff ich nämlich
mit den Fußspitzen und mußte die Federn fast ganz vorspannen.
Aber leider war die Gabel jetzt nur softer, bei kurz aufeinander
folgenden Querrillen kam sie weiterhin einfach nicht hinterher.
Das Problem ist offensichtlich ein Dämpferproblem.
Vor dem Sommerurlaub in Kroatien (Motalia 167) versagte
der hintere Bremszylinder, und ich ließ ihn durch einen
Reparatursatz aufarbeiten. Ausgerechnet im Urlaub fing die
rechte Stößelstange an, sich zu stauchen, ein Defekt, der bei
meiner S eigenartigerweise regelmäßig auftaucht. Zum Glück hatte
ich damals, als ich hörte, daß die Stößelstangen gekürzt werden
mußten, noch eine Stange in Reserve umarbeiten lassen. Die
brachte mir der dritte Mann, der eine Woche später nachkam, mit.
Der Austausch war dann nur eine Sache von Minuten. Das Motorrad
lief ansonsten ohne Probleme. Die rechte Kopfdichtung fing zwar
ziemlich an zu schwitzen, aber das wollte ich erst mal im Auge
behalten.
Auf dem Rückweg fuhr ich bei der
Firma Zupin (Öhlins Importeur) in Traunreut vorbei und ließ die
hinteren Öhlins Dämpfer mehr in Richtung komfortabel einstellen.
Seitdem merke ich das schlechte Ansprechen der vorderen Gabel um
so mehr. Die Öhlins Dämpfer, die Dynotec damals anbot, sind laut
Aussage von Zupin eher in Richtung noch sportlicher eingestellt.
Da ich nicht auf der Rennstrecke sondern mehr auf kleinen
Strecken unterwegs bin, bevorzuge ich die komfortable.
2002 war ein ruhiges
Jahr, es gab nicht viel zu tun außer Fahren. So sollte es ja
auch sein und nach dem ganzen Ärger vorher konnte ich das auch
genießen. Nur der dicke Entlüftungsschlauch vom Kurbelgehäuse
hat altersbedingt aufgegeben und mußte ausgetauscht werden.
Den folgenden Winter nutzte ich, um endlich mal nachzuforschen,
warum der Motor nach der Überholung mehr Öl brauchte als der,
den ich mit originalen 200.000km zu Dynotec gegeben hatte. Dabei
kam Erstaunliches zu Tage. Alle Ventilführungen waren weit aus
der Toleranz, so war es kein Wunder, daß der Motor sich den
Schmierstoff auch noch über Nebenkanäle ansaugte. Ich konnte mir
kaum vorstellen, daß neue Ventilführungen innerhalb von 50.000km
so verschleißen können. Eigenartig war ja auch, daß der
Ölverbrauch seit der Überholung nicht weiter gestiegen war, er
war auf konstant hohem Niveau. Aber es wurde noch besser.
Als nächstes überprüfte ich die Kolben und
Zylinder. Die Zylinderlaufbahnen sahen gut aus, die Hohnspuren
waren deutlich zu sehen. Das Ring- und Stoßspiele bewegte sich
auch innerhalb der Toleranzen. Nur das Vermessen des
Kolbenspiels ergab eine Überraschung, 15/100 und 17/100mm. Das
kann man bei der Laufleistung und den Beanspruchungen, denen ich
den Motor aussetzte, mit Verschleiß nicht erklären. Die 95mm
Kolben sind Schmiedekolben, die normalerweise mit einem
Einbauspiel von 7-10/100mm eingebaut werden. Vorteil dieser
Kolben sind das geringere Gewicht, Nachteil eben die höhere
Wärmeausdehnung. Gußkolben haben ein Einbauspiel von ca.
4/100mm. 10/100mm Verschleiß auf die paar Kilometer sind etwas
sehr viel, nachdem meine alten Kolben/Zylinderpaarung nach der
vierfachen Laufleistung immer noch in der Toleranz waren. Jens
Hofmann für weitere Klärung anzurufen ersparte ich mir, um mich
nicht weiter unqualifizierten Beschimpfungen
auszusetzen, die ich nach der Geldabgabe und dem ersten
Erfolgsbericht in der Motalia lesen konnte. Effektiver war das
selbstständige Lösen der eingebauten Probleme. Die
Ventilführungen kamen nach Absprache mit einem
Motoreninstandsetzer alle neu, aber einen neuen Zylindersatz
wollte ich mir nicht leisten, der eingebaute war damals mit
3.500DM schon teuer genug. Die wiederverwendbare
Zylinderkopfdichtung kam in die Tonne, weil sie weiter sabberte,
und ich baute alles mit neuen Dichtungen wieder zusammen. Bei
dieser Gelegenheit tauschte ich auch gleich den linken Auslaß
Kipphebel mit Welle, der geringe Pittingspuren aufwies.
Die einstellbare Gabel
meiner S (und auch vieler anderer, mit deren Besitzern ich
gesprochen hatte) ist ein konstanter Quell der „Freude“. Bei
meinen Recherchen stieß ich auf die Firma HTM, die anbot, die
Dämpferpatrone zu optimieren. Das Angebot nahm ich gerne wahr,
man greift ja nach jedem Strohhalm. Zusammen mit den originalen
Gabelfedern, die mir HTM wieder empfahl, baute ich das ganze
ein. Und abschließend tauschte ich vor der Ostertour noch die
Kupplungsscheiben, da diese bei Vollast immer wieder zum
Durchrutschen neigten. Ich hatte Beläge mit schwarzen
Kontaktflächen drin und tauschte sie gegen die Art, die mein
Motor schon original drin hatte. Diese sehen sandfarben aus.
So gerüstet und mit einer neu gepolsterten
Sitzbank konnte es in das neue Jahr gehen, und die erste Fahrt
2003 war die jährliche Tour über Ostern nach
Südfrankreich. Das "Gabeltuning" hatte der Gabel fühlbar was
gebracht, vom Ansprechen japanischer Gabeln immer noch weit
entfernt, reagierte sie jetzt wenigstens auf den Untergrund.
Nach dieser 3.000km Tour konnte ich auch befriedigt feststellen,
daß die Arbeiten am Motor auch vom Ölverbrauch her etwas
gebracht hatten. Ich brauchte zwar immer noch mindestens
0,3l/1000km, aber mehr als 0,5l/1000km wurden es nicht mehr.
Dafür trat etwas Neues auf. Der Anlasser zog manchmal nicht an.
Ich ließ ihn später überholen (Valeo), aber selbst dann trat das
Phänomen noch vereinzelt auf. Auch ein Austausch aller Relais
brachte keine endgültige Ruhe. Wahrscheinlich sollte ich mal den
Kabelbaum tauschen, aber was man alles sollte....
Im Sommer ersetzte ich auch die Öhlins Federbeine,
die mir immer noch zu hart waren, durch Technoflex, die auch in
der Basisversion schon Zugstufenverstellung bieten. Dabei mußte
ich auch feststellen, daß Garantie und Gewährleistung
unterschiedlich gehandhabt werden. Öhlins bietet zwei Jahre,
aber nur, wenn die Federbeine jedes Jahr für 130€ zur Inspektion
kommt. Bei Wilbers ist es im Prinzip gleich, nur sind es hier
zweijährige Inspektionsintervalle, und diese sind etwas
günstiger, dann gibt es auch fünf Jahre Garantie. So etwas kenne
ich von japanischen Produkten nicht, weder die Inspektionen noch
die Garantieeinschränkungen. Und die Erklärung, daß die
Federbeine ja komplizierter sind, zieht auch nicht. Dafür sind
sie ja auch teurer und hoffentlich aus hochwertigeren
Materialien. Trotzdem entschied ich mich für Technoflex/Wilbers,
und nach einigem Hin und Her bekam ich auch Federbeine mit 340mm
Augenabstand und 80mm freiem Federweg. Diese ließen sich durch
die zusätzliche Zugstufenverstellung besser als die Öhlins an
verschiedene Beladungszustände anpassen.
Nach einem Ausflug im Spätherbst in die Toskana legte ich meine S still
und widmete mich im Winter den Anzeigeinstrumenten. Das
Thermometer, das nur noch bei Fahrt Temperaturen anzeigte und
offensichtlich kaputt vibriert war, ergänzte ich mit einen
Zubehör Öldruckmesser. Der Tacho ließ sich nicht mehr sicher
zurück stellen, und die Tachonadel war schon fast farblos. Und
der Drehzahlmesser hatte eine Anzeigegenauigkeit von 2000
Umdrehungen. Ich schickte beide Teile zum ka-ja Tachodienst, der beide
Instrumente in einen fast-neu Zustand versetzte. Leider zeigte
es sich im nächsten Jahr, daß es anscheinend nicht der
Drehzahlmesser, die Welle oder die Umlenkung waren, die diese
Eigenart auslöste (alle Teile wurden ausgetauscht oder
probeweise demontiert), sondern der Aufnehmer im Stirndeckel.
Ein neuer Aufnehmer half auch nichts, so nahm ich den
Stirndeckel ab, um das zu untersuchen. Der Aufnehmer wird
eingeschraubt, und das untere Lager ist wiederum der
Stirndeckel. Erstaunlicherweise hatte der Aufnehmer axial fast
1mm Spiel. Gleich nebenan wurde von Dynotec eine große
Entlüftung an den Stirndeckel geschweißt, ich weiß nicht, ob
durch den Schweißverzug dieses Spiel entstand. Mit
Distanzscheiben reduzierte ich das Spiel auf 2/10mm. Das
beruhigte die Nadel des Drehzahlmessers schon ein wenig, die
ungenaue Anzeige bei höheren Drehzahlen blieb aber. Also ist
entweder das Spiel immer noch zu groß oder die Verzahnung
zwischen Aufnehmer und 7906 Nockenwelle nicht passend. Schade,
vor der Überholung hat er ruhig angezeigt.
2004 brachte außer einer auseinander gerutschten
Tachoumlenkung, einer kaputten Federvorspannung meiner Gabel und
einem erschlafften Hauptbremszylinder vorne keine
Überraschungen. So ging es problemlos wieder nach Südfrankreich,
auf diverse Wochenendtouren und auch das erste Mal zu zweit nach
Korsika (Motalia 183). Auch diese
ungewohnte Belastung, vollbepackt bis zur Grenze, meisterte die
S problemlos. Nur auf das Ölmanometer konnte ich mich nicht so
recht verlassen, es zeigte im ausgeschalteten Zustand mehr an
als bei Leerlauf und widersprach damit meiner Kontrollleuchte.
Auf einer flotten Wochentour durch die französischen Hochalpen
mit einem befreundeten S Fahrer war der vordere Bridgestone BT45
wieder einmal noch schneller als erwartet verschlissen. In
Ermangelung einer Alternative zog ich in Südfrankreich einen
Michelin Macadam auf. Einen Versuch war es wert, nachdem mich
die BT45 inzwischen sowieso mit geringer Laufleistung und
beschissenem Verschleißbild am Vorderreifen nervten (trotz
2,8bar Druck).
Über Winter ersetzte ich das Ölmanometer wieder
durch ein Veglia Ölthermometer, die halten ja immerhin
100.000km. Die großen Blinker, ebenso wie die linke
Schaltereinheit (weil ausgelutscht) fielen auch einer kleinen
Schönheitskur zum Opfer. Die Vergaser ersetzte ich ebenfalls,
weil das Patschen bei den alten nicht mehr weg zu bekommen war.
Sie zogen zu viel Nebenluft. So wie das letzte Jahr endete,
begann das Jahr 2005 – mit einer kleinen Frankreichtour (Motalia 190), die
uns bis an die Cote d'Azur führte. Alles ohne Probleme, außer
den regelmäßigen Wartungen und Ersetzen von Verschleißteilen
ging es auch auf zu einem zweiten Kurztrip ins französische
Jura. Auf dem Rückweg merkte ich, daß sich das Getriebe immer
schwerer schalten ließ, und am darauf folgenden Wochenende auf
einem Treffen kam auch noch Getriebeöl aus der Kupplungsglocke.
Im Schongang ging es zurück nach Hause, und ich baute das
Getriebe aus. 100.000km hatte es ziemlich genau klaglos
funktioniert. Die Zerlegung brachte erfreuliches zu Tage, soweit
man in so einem Fall davon sprechen kann. Es waren wie vermutet
nur die Eingangs- und Ausgangslager zu wechseln, der Rest konnte
direkt wieder eingebaut werden. Noch mal Glück gehabt. Kurz
danach waren wieder einmal die Dämpferpatronen fällig, die neu
abgedichtet werden mußten.
Am Ende des Jahres verließ mich mein
fahrerisches Glück, und ich rutschte in einer Kurve auf einer
kleinen Eisplatte in einer Kurve weg. Mir passierte Dank
passender Kleidung nix, nur die S benötigte neue Standrohre und
ein neues Schutzblech hinten neben diversen Kleinigkeiten. Das
hintere Schutzblech gibt es leider nicht mehr, so mußte ich
einen California Nachbau nehmen (habe ich später durch ein
gebraucht erstandenes originales Exemplar wieder
ersetzt), der an den Aufnahmestellen Nacharbeit
erforderte. Kurz danach beendete ich die Saison.
So war das mit den letzten 100.000km. Die
große Motorüberarbeitung bei 200.000km hat zwar das Ziel
verfehlt, diese problemlos zu überstehen, aber nach den
beschriebenen Überarbeitungen lief der Motor einwandfrei mit
akzeptablem Benzinverbrauch, trotz des guten Ansprechverhaltens
und reduziertem Ölkonsums. Trotzdem ist es nicht das, was man
für viel Geld und klaren Vorgaben erwartet. Abgesehen davon habe
ich keinen Kilometer bereut, eine Guzzi zu fahren. Die Leistung
reicht, um mit jedem auf kurvigen Landstraßen gut mitzuhalten.
Wo es auf maximale Leistung ankommt, hat man natürlich gegen
leistungsstarke Japaner wenig Chance, aber das ist auch nicht
mein Ziel. Wo meine Guzzi am ehesten Grenzen setzt, ist bei der
Vorderradgabel. Aus den originalen einstellbaren Bitubos habe
ich wohl das Maximale rausgeholt, die Gabel ist aber weit von
sensiblem Ansprechverhalten entfernt. Es hat sich gezeigt, daß
sie alle 40.000km neu abgedichtet werden muß.
Eine
andere Spezialität meiner S (wobei ich das inzwischen auch von
zwei anderen LM IV Motoren gehört habe) ist, daß ca. alle
80.000km die rechte Auslaß Stößelstange anfängt, sich zu
stauchen, zu erkennen an unnatürlich viel wachsendem Ventilspiel
und Geklapper. Mein Kupplungszug hält ca. die gleiche Distanz,
alle anderen Züge habe ich nach anfänglichem Probieren nie
wieder wegen Defekt tauschen müssen. Mein Kreuzgelenk, sonst
immer als böser Bube verschrien, hält. Das erste habe ich bei
205.000km vorsichtshalber ausgetauscht, das jetzige hat also
schon wieder 100.000km hinter sich. Der Endantrieb ist nur
einmal zum Überprüfen angetastet worden. Die erhöhte Leistung
hat sich am deutlichsten auf die Getriebe Ein- und Ausgangslager
ausgewirkt, die nach 100.000km fertig waren. Die früheren haben
länger gehalten. Den Rest des Verschleißes würde ich unter
Gebrauchsverschleiß abhaken: Lenkkopflager, poröse Gummiteile,
Batterien (immerhin 7 Jahre lang), Bremszylinder (Bremssättel
immer noch original), zweiter Satz Bremsscheiben nach 200.000km.
Die Bremsbeläge vorne halten ca. 30.000km, die hinteren
20.000km, ich nehme Standardbeläge.
Bei den Reifen habe ich auch einiges
probiert. Die vielgelobten Bridgestone BT45 sind natürlich in
der Handlichkeit kaum zu übertreffen, leiden aber unter extremem
Verschleiß. Es sind die einzigen, die ich vorne kürzer fahre als
hinten, ein Satz war vorne und hinten bei 5.000km erledigt,
wobei beim vorderen schon seit 1.500km an der Flanke kaum noch
Profil vorhanden war. Auf ruhigen Urlauben habe ich auch mal
8.000km erreicht, aber der Vorderreifen macht durch sein
Verschleißbild nach der Hälfte keinen Spaß mehr. Auf Anraten von
Bridgestone hatte ich den Reifendruck erhöht, das brachte keine
Verbesserung. Inzwischen probiere ich auf die Michelin Macadam,
die bis zum letzten Moment rund abfahren. Nachteil ist die etwas
geringere Handlichkeit, dafür halten sie etwas länger und kosten
etwas weniger.
Ich fahre meine Motoren alle mit
mineralischem Öl aus dem Angebot der Big Three (HG, Louis, Polo), also nix besonderes. Die
Wechselintervalle liegen je nach Gelegenheit zwischen 8.000km
und 10.000km, dann immer mit Filter. Das ist Dank des außen
liegenden Filters kein Problem. Der Benzinverbrauch liegt
zwischen 4,5 und 5,0 Liter SuperPlus, sonst klingelt der Motor
trotz Doppelzündung. Viel mehr wird es auch bei aggressivem
Fahrstil nicht. Das ermöglichte im Urlaub schon mal einen
Tankstop erst nach 460km.
Als Resümee meiner Kilometer mit der S
möchte ich sagen, daß das Fahren auch schon ohne diese große
Motorüberarbeitung Spaß gemacht hat. Bei meiner S mit dem LeMans
Motor hat sich der Einbau einer Drehmoment Nockenwelle in
Verbindung mit dicken Krümmern bewährt. Damit war souveränes
durchzugstarkes Fahren schon mit dem originalen Hubraum möglich.
Meiner persönlichen Faulheit zuliebe verbaute ich noch eine
Piranha Zündanlage und dies alles in Verbindung mit sauber
eingestellten Vergasern ergab schon eine super laufende Guzzi
mit Wumms überall. Die Aufstockung vor 5 Jahren hängt den Hammer
einfach ein paar Nummern höher, bringt aber auch in Sachen
Ersatzteilversorgung Probleme, weil teilweise nur noch
Spezialteile und -dichtungen verwendet werden können, die
ansonsten als Originalteile überall günstig verfügbar waren.
Aber solange sie läuft, denkt man nicht darüber nach und
genießt...
Eric Koch
November 2005
ein langes PS: natürlich gab es auch auf diesen Artikel einen
Leserbrief von Herrn Hofmann (siehe HIER), lustigerweise auch noch mit
dem Anfangssatz jetzt folgen "ein paar sachliche Hinweise".
Neben 70% Eigenwerbung hat er sich auch konkret zu diesem
Bericht geäußert, hat aber eigentlich nur gezeigt, daß er nicht
besonders genau gelesen hat. Ich weiß nicht, wo er die 0,4 Liter
Mehrverbrauch her hat, schon im zweiten Absatz ergibt mehr als
ein Liter Mehrverbrauch für alle, die rechnen können. Er
schreibt auch im Brustton der Überzeugung, er hätte mir eine
7006 eingebaut. Laut Rechnung habe ich eine 7906 drin, das macht
mehr Sinn und stimmt hoffentlich auch. Er kann sich auch
wunderbar an der Wahl meines Öles hoch ziehen. Da war ich im
Artikel etwas unpräzise, die ersten 50.000km habe ich das von
ihm empfohlene Rockoil verbrannt. Als ich dann merkte, daß der
Ölverbrauch nicht zu senken ist, bin ich auf billigeren
Brennstoff umgestiegen. Aber er muß
anscheinend seine Betriebsstoffe nicht selber zahlen. Er hat auch nicht erklärt, warum mein Motor mit der
seiner Meinung nach zu mageren Abstimmung (Motoren müssen seiner
Meinung nach wohl immer "fett gekühlt" werden, wie schaffen nur
die Autohersteller es wohl nur Euro 4, 5, 6... zu erreichen?) so
lange ohne Schäden lief. Inzwischen wird man in der Gegend beim
TÜV auch schon vom Prüfer angesprochen, ob die Maschine bei
Dynotec "abgestimmt" sei, dann hätte sie nämlich keine Chance
auf die AU, "die würden ja alle zu fett laufen". Mein ehemaliger
Arbeitgeber Opel hat ihm anscheinend auch etwas getan,
jedenfalls kann er es nicht vermeiden, ihn immer noch mit mir in
Verbindung zu bringen.
Aber es gab um so mehr positive Feedbacks. Ernst hat mir z.B.
den wertvollen Tip gegeben, daß es die Möglichkeit gibt, Kolben
zu beschichten. Hatte davon nie was gehört, aber nachdem ich
mich umgeschaut und mich die Methode und Haltbarkeit überzeugt
hatten, habe ich noch im Winter bei -4°C meine Zylinder
abgenommen und zusammen mit den Kolben zu der Firma Picoatec geschickt,
wo mir Herr Runge mit viel Engagement die Kolben über die Beschichtungsdicke auf
die vorhandenen Zylinder anpaßte, was ein Auftrag von 7/100mm
bedeutete. Erfahrungen werden folgen. Hier schon einmal ein paar
Fotos.
In diesem Zug ließ ich auch noch mal das Spiel der
Ventilführungen prüfen, die ich ja 50.000km nach der Dynotec
"Überholung" wegen zu großem Spiel austauschen lassen mußte. Nur
die Führung des rechten Auslaßventils war diesmal grenzwertig,
alle anderen OK. Ich ließ die eine austauschen. Das legt aber
den Schluß nahe, daß bei der Kopfüberarbeitung nicht - wie in
Rechnung gestellt - die Führungen erneuert wurden. Ansonsten
hätten die Führungen auf den ersten 50.000km mehr als dreimal
soviel Spiel bekommen wie auf den zweiten, was unwahrscheinlich
ist. Darauf deutete auch schon der konstant hohe Ölverbrauch ab
der Überholung hin. Zwei von den Stößeltassen hatten ebenfalls
leichtes Pitting, alle vier kamen neu.
Eric Koch
März 2006
PPS: 2.000km später - Ölverbrauch kaum meßbar, wohl etwa 0,1
l/1000km. Damit hat die Überarbeitung was gebracht. Der
Ölverbrauch lag also wirklich an der falschen
Kolben/Zylinderpassung. Um es mal zusammen zu fassen, folgende
Sachen bedurften der Nacharbeit nach einem 9.000DM Tuning bei
Dynotec:
- Abstimmung falsch, beziehungsweise
nicht passend
- Kolben/Zylinderpassung zu groß
- speziell angeschliffene Vergasernadeln
für schnelles Ansprechen verkauft, Seriennadel eingebaut, laut
Leserbrief Seriennadel verbaut
- Ventilführungen nicht erneuert trotz
Berechnung
- Edelstahlkrümmer verspannt verbaut und
dadurch gerissen
- seit der Überholung schwankende Anzeige
im Drehzahlmesser
Das Ergebnis des Tuning - viel Dampf, aber
auch Mehrverbrauch an Benzin von mind. 1 l/100 (hätte sich in den
letzten 100.000km auf 1200€ summiert), Ölverbrauch von 50 Liter Öl
auf die letzten 100.000km (auf Basis von Rockoil-Preis 300€),
Streß und Kosten. Gut, einen Fachbetrieb mit freundlicher Beratung
und kompetenter Umsetzung eines Auftrages gehabt zu haben. Danke
für 100.000 aufregende Kilometer.
Eric Koch
April 2006